Synopses & Reviews
Der Konsum psychoaktiver Substanzen stellt eine Verhaltensweise dar, die je nach historischem, kulturellem und situationalem Kontext unterschiedlich bewertet wird. In heutigen Gesellschaften kann Drogengebrauch als moralisches Fehlverhalten, als Krankheit, als Folge von Armut und Sozialisationsdefiziten oder als risikobehafteter Lebensstil interpretiert werden. Je nach Interpretation unterliegt Drogenkonsum einem anderen Modus der sozialen Kontrolle, der von strafrechtlichen Regulierungen über therapeutische Hilfsangebote bis hin zu sozialpädagogischen Interventionskonzepten reicht. Im Fokus dieser Darstellung steht die Frage, wie sich die verschiedenen Möglichkeiten, das „Drogenproblem" gesellschaftlich zu regulieren, im historischen Verlauf herausgebildet und institutionalisiert haben. Gleichzeitig ist sie darauf ausgerichtet, am Beispiel des Drogenkonsums die Beziehungen von Sozialer Arbeit und sozialer Kontrolle sichtbar zu machen.
Synopsis
isolierte Ecken bzw. vor die Turen der Restaurants und Kneipen verbannt wird. War das Zigarettenrauchen in den westlichen Landern bis in die Nachkriegszeit hinein ein allgemein gebilligtes und bei bestimmten Gelegenheiten sogar - wunschtes Phanomen, so wird es spatestens seit den 1960er Jahren mit dem Hinweis auf gesundheitliche Gefahren zu einem unerwunschten Verhalten, so 1 dass Raucher zunehmenden sozialen Ausgrenzungen unterliegen . Diese wenigen Beispiele belegen, dass es nicht in der Natur einer besti- ten Substanz liegt, wie mit ihr umgegangen wird, sondern dass dies im Zus- menhang mit den kulturellen Bewertungsmassstaben einer Gesellschaft steht (vgl. Pfeiffer 1986; Volger/Welck 1982). Die Einstellungen gegenuber Rausch und Ekstase im allgemeinen und gegenuber Drogen im besonderen werden nur verstandlich, sieht man sie auf dem Hintergrund der generellen Pramissen, die die spezifische Weltsicht, die Weltanschauung, einer Kultur ausmachen (Legnaro 1982a: 103f. ). Chemisch-pharmakologische Substanzen haben per se weder eine gefahrliche oder ungefahrliche Qualitat noch ist ihr Konsum an sich moralisch zu beanstanden oder zu billigen. Diese Assoziationen werden vi- mehr erst durch menschliches Handeln produziert. Ob eine psychoaktive Su- tanz als Genussmittel, Therapeutikum, Nahrungsmittel, Rauschgift oder Droge bezeichnet und verwendet wird, ist ihr nicht eingeschrieben, sondern eine Folge gesellschaftlicher Konventionen. Der konkrete Bedeutungsgehalt einer Substanz entsteht erst durch symbolische Zuweisungsprozesse innerhalb eines besti- ten soziokulturellen Gefuges. Als Drogen konnen demzufolge all diejenigen Stoffe bezeichnet werden, die innerhalb einer Gesellschaft als Drogen klassi- ziert werden (vgl."
About the Author
Michael Schabdach ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im DFG-Forschungsprojekt „Herbartianismus und Sozialpädagogik" an der PH Freiburg.
Table of Contents
Fragestellung und theoretische Grundlagen - Drogenkonsum und soziale Kontrolle im Mittelalter und früher Neuzeit - Die Konstruktion von Sucht als Krankheit im medizinisch-psychiatrischen Diskurs der Moderne - Die Erfindung des Sozialen - Drogenkonsum und soziale Kontrolle im Verlauf des 19. und 20. Jahrhunderts - Der Niedergang des Rehabilitationsideals seit den 1970er Jahren - u.a.