Synopses & Reviews
Fachliche Weiterentwicklungen hin zum Selbstbestimmungsprinzip und zu personenzentrierten Hilfen, sozialpolitische und leistungsrechtliche Veränderungen erfordern neue, bedarfsgerechte Unterstützungsformen und Konzepte für Menschen mit Behinderungen im Unterstützten Wohnen. Individuelle Hilfeplanung übersetzt diese Veränderungen in die konkrete Unterstützungspraxis für den einzelnen Menschen. Die Studie zeigt, wie Individuelle Hilfeplanung als eine neue Antwort auf das Problem der Verteilungsgerechtigkeit sozialstaatlicher Leistungen entsteht und welche Auswirkungen sie auf die Arbeitsweisen im Unterstützen Wohnen hat. Wiederkehrende Selbstthematisierungen in Reflexions- und Hilfeplangesprächen, eine fortwährende Selbstoptimierung an selbstgewählten Zielen und eine zunehmende Selbstkontrolle durch Wochenpläne und Dokumentationsvorgaben beeinflussen die Formen der Führung und Selbstführung der Beteiligten. Individuelle Hilfeplanung, so arbeitet Imke Niediek heraus, erscheint dabei als ungemein produktives Dispositiv einer Gouvernementalität der Gegenwart, welches das Hilfesystem und die Beziehungen der Menschen darin nachhaltig verändert. Das Buch richtet sich an Sozial- und RehabilitationswissenschaftlerInnen, Verantwortliche in der Praxis wohnbezogener Hilfen für Menschen mit Behinderungen, sowie Studierende der Heil- und Rehabilitationspädagogik.
Review
"Eine ausgezeichnete wissenschaftliche Beschreibung, die mit ihren ausgedehnten Dissertations-Notwendigkeiten einerseits und den vergnüglichen Analysen andererseits eine selbstbestimmte Leserschaft braucht, fähig sowohl zum Auslassen als auch zur Konzentration. Ein empfehlenswerter Beitrag zur Reflexion über den Sinn und Unsinn der Individuellen Hilfeplanung." www.socialnet.de, 06.05.2011
Synopsis
Unterstutzung fur die alltagliche Lebensgestaltung, das private Wohnen und Leben gehort zu den intimsten, die Privatheit eines Menschen am starksten beeinflussenden Unterst- zungsleistungen der Behindertenhilfe. Dies gilt um so mehr, wenn es sich nicht lediglich um Pflegeleistungen im Alter oder eng begrenzte, nach Anweisung ausgefuhrte Assiste- leistungen bei Korperbehinderung handelt, sondern um relativ umfangliche, verschiedene Lebensbereiche wie hauswirtschaftliche Versorgung, Korperpflege, Mobilitat, Beziehun- gestaltung oder Kommunikation umfassende Unterstutzungsleistungen. Es ist daher zu begruen, dass in den letzten Jahrzehnten eine intensive Diskussion uber verschiedene Aspekte des Hilfebedarfs und der Hilfeerbringung stattgefunden haben. Ein wesentlicher Diskussionsstrang betraf die generellen Zielsetzungen der Leistungs- bringung - Normalisierung der Hilfen, Integration, Selbstbestimmung, Lebensqualitat - und die Handlungsprinzipien der Mitarbeiter. Diese Diskussion wurde teilweise durch - pirische Untersuchungen begleitet; zum groen Teil war sie normativ ausgerichtet: die 'neuen' Leitprinzipien wurden positiv bewertet. Das zeitgleich und zum Teil unter Be- fung auf sie eingefuhrte Instrument der 'Individuellen Hilfeplanung' wurden kaum hint- fragt. Es ging allenfalls um die Frage, welches Verfahren der Hilfeplanung geeignet sei, nicht um die Frage, welche neuen Zwange fur alle Beteiligten durch die Hilfeplanung selbst produziert wurden.
About the Author
Dr. phil. Imke Niediek ist wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung Allgemeine und Integrative Behindertenpädagogik am Institut für Sonderpädagogik der Leibniz Universität Hannover.
Table of Contents
Dimensionen des Gegenstandsbereichs "Unterstütztes Wohnen für Menschen mit geistiger Behinderung" - Theoretische, methodologische und methodische Verortung der Arbeit - Globalanalyse des Diskursfeldes - Individuelle Hilfeplanung im Kontext sozialrechtlicher Veränderungen - Individuelle Hilfeplanung aus Sicht der Leistungsträger - Individuelle Hilfeplanung aus Sicht der Leistungserbringer - Individuelle Hilfeplanung aus Sicht von Fachwissenschaften - Hilfeplanungskonzepte als diskursgenerierte Modellpraktiken: Versuch einer Dimensionalisierung - Individuelle Hilfeplanung als Spezial-Dispositiv moderner Gouvernementalität - Exemplarische Vertiefung - Diskussion der Ergebnisse im Licht der Gouvernemetally Studies