Synopses & Reviews
Die Studie beschäftigt sich mit der sozialwissenschaftlichen Befragung als Kommunikationssituation. Dabei werden die Antworten der Befragten nicht naiv als gültige Auskünfte vorausgesetzt, sondern im Kontext der Interviewsituation eingeordnet. Der Autor erklärt mit sozialpsychologischen Theorien, wie sich Interviewer und Befragte wechselseitig wahrnehmen. Das Antwortverhalten des Befragten ist als Möglichkeit zu verstehen, einen guten Eindruck beim Interviewer zu hinterlassen. Dies gilt vor allem, wenn der Befragte die Fragen als bedrohlich einschätzt. Im empirischen Teil wird die Theorie anhand des Beispiels der Fragen zur politischen Einstellung und zur Wahlpräverenz überprüft.
Synopsis
8. 4 Zusammenfassung In diesem Kapitel sind die Funktionen nonverbaler Kommunikation beschrieben, um sie im Kontext der Kommunikation im Interview einzuordnen. Die Bedeutung nonverbaler Kommunikation in den Inferenzprozessen fur die Eindrucksbildung belegt, dass es fur die empirische Erforschung dieser Eindrucksbildung erforderlich ist, nonverbale Indikatoren zu erheben. Eine Einschrankung soll jedoch an dieser Stelle gemacht werden: Zwar kann man zeigen, dass aufgrund nonverbaler Kommunikation Inferenzen provoziert werden, allerdings konnen diese non verbalen Verhaltensweisen nicht fur sich stehen, sondern sind an die verbale Kommunikation ge bunden, bzw. beziehen sich auf sie. Auch die Inferenzen sind ihrerseits wiederum verbalisier tl3 bar. Nur unter dieser Voraussetzung ist es sinnvoll, in einer Reaktivitatsbefragung statt in einer Beobachtung die Eindrucksbildung nachzuvollziehen. 113 Deshalb will z. B. KNAPP (1986: 233) nonverbale Verhaltensweisen nicht als Kommunikationssystem ver standen wissen. 9 Das Interview als soziale Situation 9_1 Problematisierung des Situationsbegriffs Eine der Grundlagen der hier entwickelten und vorgestellten Theorie des Forschungsinterviews ist 1l4 seine Konzeptualisierung als soziale Situation _ Einerseits muss sich der Mensch situational ver halten, selbst wenn er sich personal verhalten mochte, andererseits wird die Situation personal wahrgenomen und entsprechend umgewandelt, so dass Handlung und Situation interpenetrie ren_ 115 (MARKOWITZ 1979: 37) Oder konkreter: Einerseits determiniert die Situation das Verhalten, jedoch ist auch das Verhalten ein Teil der Situation, so "dass Verhalten sich nicht nur im Rahmen sozialer Situationen aussert, sondern diese auch als ihr Teil konstituiert."
About the Author
Armin Scholl ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Publizistik der Universität Münster in dem DFG-Projekt "Journalismus in Deutschland" unter der Leitung von Prof. Dr. Siegfried Weischenberg.
Table of Contents
Einleitungs- und Entdeckungszusammenhang - Fragebogenzentrierte Forschung - Interviewerzentrierte Forschung - Befragtenzentrierte Ansätze - Interaktionistische Konzepte - Zusammenfassung und Überleitung zur Theorie des Interviews - Kognitionen im Interview - Nonverbale Kommunikation - Das Interview als soziale Situation - Einstellungen, Einstellungsäußerungen und Verhalten - Interaktion im Interview - Methode - Deskriptive Ergebnisse der Reaktivitätsbefragung - Reaktivität als Angleichung des Befragten an den Interviewer - Verweigerung im Interview - Bewertung der empirischen Ergebnisse - Fazit und Schlußfolgerungen für die Reaktivitätsforschung.