Synopses & Reviews
Synopsis
Identitat ist zu einem dominierenden Thema der gesellschaftswissenschaftli chen, aber auch der politischen Debatte der neunziger Jahre geworden. An lasse dafur gab und gibt es mehr als genug. Das Ende der bipolaren Ordnung der Weltpolitik und des real existierenden Sozialismus in Europa hat den wirksamsten Identitatsfigurationen gleichsam den Boden entzogen. Die fal lige Neudefinition des Selbstverstandnisses von Individuen, Gruppen und Nationen ist ein langwieriger historischer Prozess - befreiend, aber auch schmerzlich. Europa erlebt den Zerfall nicht nur von Ideologien, sondern von Staaten, Nationen, Gesellschaften und Gemeinschaften und in deren Gefolge die nicht mehr fur moglich gehaltene Ruckkehr der kriegerischen Gewalt. Statt dass sich im Gefolge des weltweiten Sieges der Marktwirtschaft pro blemlos freiheitliche Demokratien bilden, scheint es eine wahre Renaissance des Rassismus, der patriarchalischen Gewalt, des Nationalismus und der fun damentalistischen Religionen zu geben. Wir sind - wie W. Lepenies feststellte - in ein Zeitalter der Revisionen und der neuen Identitatsfindungen eingetreten. Es werden nicht nur geopolitische Grenzen verschoben, sondern auch die traditionellen Begrenzungen der na tionalen Selbstbestimmung und die Rahmen der personalen Selbstwahrneh mung. Eine notwendige Reaktion auf diese umsturzenden Entwicklungen, deren Tiefe und Folgen heute noch nicht abzusehen sind, ist die wachsende Intensitat der wissenschaftlichen Diskussion uber Themen wie die Konstruk tion nationaler Identitat und das Phanomen der Entsakularisierung, uber die ethischen Grundlagen der Gesellschaft und Formen des gesellschaftlichen Risikos, uber die Voraussetzungen der gesellschaftlichen Integration und des Zerfalls gemeinschaftlicher Zusammenhange, uber Wege der personlichen Selbstfindung, Formen des Individualismus und Gemeinsinns."